Sonntag, 16. Februar 2014

Trash TV - süchtig machender Zeitvertreib?

                                                        Abb. 1

Trash = Müll.
Im Duden wird Trash als eine "Richtung in Musik, Literatur und Film, für die bewusst banal, trivial oder primitiv wirkende Inhalte und eine billige Machart typisch sind" definiert.
Hart aber irgendwie gut auf den Punkt gebracht, wie ich finde. Und trotzdem sitzen seit 3 Jahren jeden Tag ungefähr 1,5 Millionen Menschen vor dem Fernseher, um um 19:00 Uhr die Doku-Soap "Berlin - Tag und Nacht" auf RTL II zu verfolgen. Auch ich gehöre zu diesen 1,5 Millionen - leider?
Ich weiss es nicht. Auch wenn es nicht selten vorkommt, dass ich mich über die Sendung aufrege, mache ich mir auch Gedanken, was ich verpasst haben könnte, wenn ich einmal keine Zeit hatte, um 19:00 Uhr einzuschalten. Kann es wirklich sein, dass Trash TV süchtig macht, obwohl man weiss, dass man nichts dabei lernt, wenn nicht sogar verblödet? Ich würde sagen ja, denn so ist es doch mit allen Suchtmitteln. Man tut es immer und immer wieder, obwohl einem klar ist, dass es schädlich ist. Aber jede Sucht hat auch Vorteile, und welche sind es bei den sogenannten primitiven Fernsehsendungen?
Als erstes kommt mir der Zeitvertreib in den Sinn. Man kommt von der Schule nach Hause, will sich erst einmal eine Pause gönnen und ruht sich vor dem Fernseher aus, bis man sich an die Hausaufgaben macht. Man zappt ein bisschen herum, bis man bei einer lauten Diskussion zwischen zwei Leuten aufmerksam wird. Wo ist man höchstwahrscheinlich gelandet? Genau, bei RTL II.
Eine anderer Vorteil oder Grund "pro" Trash TV ist für mich die Gewohnheit. Gerade bei einer Sendung wie Berlin - Tag und Nacht, die jeden Abend ausgestrahlt wird, ausser an den Wochenenden, gehört sie doch fast schon zum Alltag dazu. Ein anstrengender Tag in der Schule, der nicht zu Ende gehen will und dann bekommt man auch noch drei Prüfungen angesagt. Immerhin etwas Positives am Abend; Berlin - Tag und Nacht. Es ist ganz normal, um 19:00 Uhr alles stehen und liegen zu lassen und sich eine Stunde lang dem Leben der WG-Bewohnern in Berlin zu widmen.
Und dann kommen wir schon zum dritten Grund, der für den Trash TV spricht. Die Charaktere in den Sendungen. Irgendwie kann man es nicht leugnen, dass man eine Art Beziehung zu den Menschen in den Serien aufbaut, die man dauernd mitverfolgt. Man fiebert mit, hat "Lieblings-Charaktere" und möchte wissen, wer mit wem Schluss gemacht hat und wer neu mit wem zusammen ist. Dazu kommt die Identifikation mit den Personen. Weil die Sendungen auch als "Reality-TV" bezeichnet werden und ihre Probleme und Themen ziemlich nah an den alltäglichen sind, kommt es sicher ab und zu vor, dass man sich mit gewissen Charakteren und Situationen identifizieren kann.

                                          Abb. 2

Obwohl ich weiss, dass mir diese Sendungen in Zukunft nicht wirklich hilfreich sein werden, finde ich sie trotzdem gut als Ablenkung und Erholung von meinem eigenen anstrengenden Alltag. Solange ich mich auch noch für sinnvollere Fernsehsendungen oder Bücher interessiere, gönne ich mir gerne auch mal etwas, dass nur zur Auflockerung meiner Gedanken dient oder mich dazu bringt, mich aufzuregen;)




Quellen: 
Abbildung 1 - http://kleinerrebell.files.wordpress.com/2011/09/trash_tv.jpg
Abbildung 2 - http://2014-news.de/wp-content/uploads/2014/01/der-bachelor-logo.jpg
                       http://kultspass.de/wp-content/uploads/2013/01/IBES_Logo-Kopie.jpg
                       http://www.extremnews.com/images/full-8fa2dd3c52ed48a9bcadae71f325a3a9.jpg
Zahlen im Text: http://www.shortnews.de/id/1063322/erfolgsgarant-berlin-tag-und-nacht-legt-weiterhin-an-zuschauerzahlen-zu
Definitionen im Text: http://de.wikipedia.org/wiki/Trash


"Warum bringe ich mich nicht um? Tot würde ich das Referat nicht schreiben müssen. Und ausserdem würde ich die Frage nicht weiter diskutieren müssen. Die Diskussion erschöpfte mich. Wenn man diese Frage einmal gestellt hat, geht sie nicht wieder weg. Ich glaube, viele Leute bringen sich einfach nur um, um die Diskussion darüber, ob sie es tun sollen oder nicht, abzubrechen."

Dieses Zitat stammt aus dem autobiografischen Buch von Susanna Kaysen: "Seelensprung".  Ich habe es heute morgen gelesen und es hat mich den ganzen Tag nicht mehr losgelassen, weshalb ich jetzt ein paar Gedanken loswerden muss.
Wie viel braucht es, sich das Leben zu nehmen? Oder nur schon den Gedanken daran zu haben. Muss es ein schreckliches Erlebnis sein, etwas, das man nicht mehr ertragen kann und der einzige Ausweg der Tod ist? Oder reichen kleine negative Gedanken, die immer wieder kommen, um sich die Frage zu stellen, wieso bin ich überhaupt hier? Was hat es für einen Sinn?
In dem Buch will sich die 18-jährige Susanna mit 50 Aspirin umbringen, doch sie ruft ihren Freund an, der schickt den Notarzt und sie überlebt. Danach wird sie in eine psychiatrische Klinik eingewiesen - wie wahrscheinlich jeder, der ein Selbstmordversuch überlebt.

Samstag, 15. Februar 2014

In einem fremden Land zum Tode verurteilt

"Weil mir plötzlich kalt wird, nehme ich mir eine Decke vom Stapel. Ein so widerwärtiger Gestank schlägt mir entgegen, dass ich sie gegen die Wand schleudere. Eine Wolke von Ungeziefer wirbelt auf... Ich will an diesem dreckstarrenden Ort zumindest duschen. Ich gehe zu dem Verschlag im hinteren Teil des Raumes. Eine Tür gibt es nicht, dafür einen Lichtschalter, der mit einer schwachen Glühbirne verbunden ist. In dem verdreckten Abort klebt an den Wänden die eingetrocknete Scheisse. Über dem türkischen Klo, das nur aus einem fliegenumschwirrten Loch besteht, ist ein primitiver Duschkopf angebracht, aus dem spärlich das Wasser rinnt. Ich schliesse die Augen vor Ekel." 

Reisen ist ihr Leben. Béatrice Saubin hat ihr Ziel erreicht. Frei sein und nur mit dem Wichtigsten in einem Rucksack auf der ganzen Welt herumreisen. Die Kultur der anderen Länder annehmen und sich überall zu Hause zu fühlen.
Mit Teilzeitjobs verdient sie in Frankreich, wo sie geboren wurde, das nötige Geld, um gleich wieder von dort zu verschwinden.
Béatrice wuchs bei ihrer Grossmutter in Romilly-sur-Seine auf, da sie ihren Vater nie kennengelernt hat und ihre Mutter nur alle paar Jahre sieht, weil diese ihr eigenes Leben ohne ihre Tochter und ihre Mutter führt. Das Verhältnis zu ihrer Grossmutter ist angespannt und kompliziert und sie beschreibt ihr zu Hause als Käfig. Oft kommt es zu kleinen Streitereien und Beatrice fühlt sich alleine. Deshalb ist ihr schon früh klar, dass sie diese Stadt verlassen wird, sobald sie das Geld dazu hat.
Mit 16 Jahren reist sie das erste  Mal mit einer Freundin nach Istanbul, doch es zieht sie noch weiter und sie merkt, dass sie nie mehr in Ruhe leben kann, wenn sie nicht am Reisen ist.

Pakistan, Libanon, Indien, Myanmar, Thailand und noch viele mehr... Alles Länder, in denen Béatrice herumgereist ist, Menschen kennengelernt und manchmal auch leidenschaftliche Beziehungen geführt hat. Als sie mit 20 Jahren in Malaysia ist, trifft sie auf den Chinesen Eddy Tan Kim Soo, in den sie sich verliebt und mit dem sie sogar Heiratspläne hat. Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht weiss; er benutzt sie einzig und allein als Drogenschmugglerin. Mit 5kg Heroin wird sie am malaiischen Flughafen festgenommen und in ein Frauengefängnis gebracht. Strickte Tagesabläufe, scheussliches Essen, eine unhygienische Zelle und das ständige auf und ab von Hoffnung und Verzweiflung werden von jetzt an ihr Leben bestimmen. Am Anfang wird sie von den anderen Häftlingen als Ausserirdische behandelt. Mit der Zeit beginnt sie sich mit "Essen gegen Zigaretten tauschen" dem Gefängnisleben anzupassen und sie findet in einer anderen Gefangenen eine Verbündete, mit der sie sich sehr gut versteht und die ihr das Leben in Gefangenschaft etwas angenehmer macht. Durch ständige Befehle der Aufseherinnen merkt Béatrice, wie sie ein paar Sätze auf malaiisch versteht und sie lässt sich ein Malaiisch - Französisches Wörterbuch besorgen um die Sprache zu lernen, weil sie es satt hat, sich verloren und unbeholfen zu fühlen und sich nicht wehren zu können.
Ihr Fall wird überall in den Medien bekannt und ein Anwalt aus Frankreich, den Béatrices Grossmutter aufgesucht hat, schafft es, dass die Todesstrafe auf lebenslänglich gemildert wird und mit 31 Jahren wird sie ganz aus dem Gefängnis entlassen.

Eigene Meinung: Es ist unvorstellbar, alleine in einem fremden Land gefangen zu sein, wo man weder die Kultur noch die Sprache versteht. Deshalb hat mich der Überlebenswille von Béatrice am meisten fasziniert. Klar gab es auch Textstellen, wo sie an Selbstmord gedacht hat und nahe am verzweifeln war, aber dann rückte immer wieder ihr Optimismus und ihr Mut in den Vordergrund, sich diesem Land anzupassen und dem Gesetz die Stirn zu bieten. Ich denke der Grund, dass sie schliesslich wieder frei gelassen wurde hat sie stark sich selber zu verdanken, da sie immer an sich geglaubt und nie aufgegeben hat.


                                       Das Buchcover mit einem Foto von Béatrice Saubin: 
                                   http://ecx.images-amazon.com/images/I/41qNCu8dPsL.jpg

Montag, 3. Februar 2014

Hah Taew - Mein erstes Tattoo



Die feuchte Hitze lässt mich aus allen Poren schwitzen und der thailändische Verkehr kommt mir noch chaotischer vor als sonst. Hinzu kommt das flaue Kribbeln im Bauch, das ich nicht ausschalten kann.
Ich bin auf dem Weg zu einem der Bamboo Studios in Khao Lak, um mir mein erstes Tattoo stechen zu lassen. Noch eine Viertelstunde und ich werde mit einer Farbe bemalt sein, die sich nie mehr wegwaschen lässt. Langsam nähere ich mich dem Studio, das offen und hell an der Haupstrasse liegt, direkt neben einem kleinen Supermarkt und einer Bilderlergalerie, wo man den Künstlern von der Strasse aus beim Malen zusehen kann. Im Schlepptau habe ich meine Eltern und meine beiden Brüder, die mich mental unterstützen. 
Mist, wir stehen vor dem Studio, das ziemlich geschlossen aussieht. Es ist 14:50 Uhr und meinen Termin habe ich um 15:00. Erste Panikgedanken rasen mir durch den Kopf: Was wenn der Tätowierer  nicht kommt? Hat er es etwa vergessen? Nein, ich habe gesehen, dass er den Termin in die Agenda eingetragen hat. Wenn er nicht kommt, ist mein langersehntes Tattoo Geschichte, denn morgen fliegen wir nach Bangkok und in vier Tagen zurück in die Schweiz. Er muss kommen!
Nach 10 Minuten Warten und Zittern kommt der Tätowierer auf einer Harley auf den Parkplatz gefahren. Da wir in Thailand sind - natürlich ohne Helm! Er begrüsst uns und nachdem er in 5 Minuten alles vorbereitet hat, können wir ins Studio. Die Schuhe lässt man draussen, auch etwas, das man in Thailand nicht selten sieht. Der Tätowierer wirkt ruhig und freundlich und meine Anspannung rückt etwas in den Hintergrund, da alles sehr schnell geht. Wir machen kurz ab, wo ich das Tattoo genau will und schon sitze ich auf einem viereckigen Kissen auf dem Boden und auf den Knien habe ich ein dreieckiges Kissen, um meine Arme abzustützen. Ich schaue über die linke Schulter und frage mich ein letztes Mal, was es für ein Schmerz sein wird. Denn das Tattoo wird nicht mit einer üblichen Tattoomaschine gemacht, wie wir es kennen, sondern mit einem Bambusstab von Hand. Es ist eines von vielen Yantra Tätowierungen, die traditionell in Südostasien praktiziert werden und eine Mischung aus der Schrift der alten Khmer und der buddhistischen Pali-Schrift sind. Wie ein Talisman soll es dem Träger Schutz und Glück verleihen und das Böse von ihm fernhalten.
Der Tätowierer desinfiziert meine Schulter mit einer kalten Flüssigkeit. Dann spüre ich leichte, schnelle Pickser wie von einer Nadel. Ich warte darauf, dass es schlimmer wird, doch der Schmerz, wenn man es überhaupt so nennen kann, ist erträglich. Nur ab und zu ist es etwas unangenehm, wenn die Nadel über eine schon tätowierte Stelle geht. Nach 45 Minuten, die wie im Flug vergangen sind, ist es fertig. Ich schaue es sofort im Spiegel an und bin erstaunt, dass es kaum gerötet ist. 
Nach dem Zahlen bedanke ich mich beim Tätowierer mit einem Khop Khun Khaa und verlasse das Studio überglücklich.